Zwischen Einstieg und Ausstieg: Wie schlechte Kommunikation Unternehmen Top-Leute kostet

Pablo Stan­ley – Lum­mi

Wer heute in der Tex­til- und Bek­lei­dungsin­dus­trie nach qual­i­fizierten Fachkräften sucht, merkt schnell: Die Luft ist raus. Der Fachkräfte­man­gel ist nicht mehr nur ein Schlag­wort, son­dern tägliche Real­ität und das längst nicht mehr nur in der Pro­duk­tion. Spätestens wenn die Baby­boomer in den Ruh­e­s­tand gehen, wird sich die Lage weit­er zus­pitzen. Klar ist: Wer heute Top-Tal­ente gewin­nt, muss sie auch hal­ten kön­nen. Son­st wird aus ein­er geglück­ten Rekru­tierung ein teur­er Fehltritt.

Was kostet ein verlorenes Talent?

Bis zu neun Monats­ge­häl­ter. So viel kann ein ver­patztes Onboard­ing kosten, rech­net man Recruit­ingkosten, Einar­beitungszeit, Pro­duk­tiv­ität­saus­fall und die erneute Suche nach Ersatz ein. Die tat­säch­liche Zahl schwankt je nach Branche und Hier­ar­chieebene ist aber fast immer höher, als viele ver­muten.

Das Prob­lem: Viele Unternehmen überse­hen, dass der Bewer­bung­sprozess nicht mit der Unter­schrift endet. Wer Top-Tal­ente für sich gewin­nt, muss liefern, spätestens ab Tag eins.

Warum das Onboarding so oft schiefläuft

Onboard­ing bedeutet mehr als einen IT-Zugang und ein PDF mit Unternehmenswerten. Es ist der erste echte Kon­takt mit der Kul­tur und den Men­schen im Unternehmen. Und der Moment, in dem neue Mitar­bei­t­ende entschei­den: Passe ich hier rein? Werde ich ernst genom­men? Wurde mir zu viel ver­sprochen?

Drei typ­is­che Kom­mu­nika­tions­fehler sor­gen dafür, dass diese Phase scheit­ert und neue Kol­legin­nen und Kol­le­gen schneller wieder gehen, als man „Team­meet­ing“ sagen kann.

1. Planloser Start statt Klartext

Ein häu­figer Fehler: Neue Mitar­bei­t­ende kom­men an, aber kein­er weiß so recht, was jet­zt passiert. Es gibt keinen klaren Ablauf, keine konkreten Ziele, keine Rück­mel­dun­gen. Statt Ori­en­tierung gibt es Verun­sicherung. Statt Feed­back gibt’s Schweigen. Die Folge: Das Gefühl, nicht gebraucht zu wer­den und das schon in Woche eins.

2. Null Empathie, null Bindung

Viele Führungskräfte gehen davon aus, dass sich „die Neuen“ schon zurechtfind­en. Doch das ist ein Trugschluss. Wer Fra­gen stellt, zeigt keine Schwäche, son­dern Engage­ment. Wird dieses Ver­hal­ten aber nicht aktiv gefördert, entste­ht eine Atmo­sphäre der Unsicher­heit. Gespräche find­en nur zwis­chen Tür und Angel statt, echte men­schliche Nähe fehlt. Wer sich so fühlt, geht inner­lich früh auf Dis­tanz.

3. Zu viel, zu schnell, zu chaotisch

Am ersten Tag fünf Tools erk­lärt bekom­men, am zweit­en gle­ich beim Kun­den vor­sprechen, viele neue Mitar­bei­t­ende wer­den mit Infor­ma­tio­nen über­rollt. Die Absicht mag gut sein, die Wirkung ist es sel­ten. Was fehlt, ist Struk­tur. Was entste­ht, ist Stress. Und der Ein­druck: Hier bleibt’s hek­tisch, nichts für mich.

Was Unternehmen konkret tun können

Klare Struktur statt Hauruck-Start:

Ein gut geplanter Onboard­ing-Prozess braucht klare Zuständigkeit­en, ver­ständliche Ziele und regelmäßige Feed­backschleifen. Neue Mitar­bei­t­ende soll­ten wis­sen, was sie erwartet und was von ihnen erwartet wird.

Vertrauen entsteht durch Nähe:

Führungskräfte müssen Zeit investieren. Per­sön­liche Gespräche, aktives Zuhören, ehrlich­es Inter­esse, das schafft psy­chol­o­gis­che Sicher­heit. Wer von Anfang an sig­nal­isiert: „Hier darf­st du Fra­gen stellen“, fördert Engage­ment und Iden­ti­fika­tion.

Informationshäppchen statt Infodruckbetankung:

Nicht alles muss am ersten Tag passieren. Bess­er: Inhalte in sin­nvolle Etap­pen gliedern, begleit­et von ein­er Ansprech­per­son, die den Überblick behält und Ori­en­tierung gibt.

Pre­board­ing nicht vergessen

Die Phase zwis­chen Ver­trag­sun­ter­schrift und Arbeits­be­ginn ist Gold wert. Wer sie nutzt, sig­nal­isiert Wertschätzung und Pro­fes­sion­al­ität. Ein kurz­er Willkom­mensgruß, erste Unter­la­gen, klar kom­mu­nizierte Erwartun­gen, das reicht oft schon, um Unsicher­heit zu reduzieren und Vor­freude zu weck­en.

Tech­nolo­gie kann helfen, nicht erset­zen

Dig­i­tale Tools wie automa­tisierte Onboard­ing-Work­flows oder zen­trale Check­lis­ten machen die Organ­i­sa­tion effizien­ter. Sie kön­nen dafür sor­gen, dass nichts vergessen wird – von der IT-Ausstat­tung bis zum ersten Team­lunch. Aber sie erset­zen nicht die zwis­chen­men­schliche Kom­po­nente.

Fazit: Onboarding ist kein Nice-to-have

Wer in Zeit­en des Fachkräfte­man­gels gute Leute hal­ten will, darf den Onboard­ing-Prozess nicht dem Zufall über­lassen. Es geht nicht nur um Einar­beitung son­dern um Inte­gra­tion, Bindung und ein starkes erstes Sig­nal: Du bist hier richtig. Wer das ver­passt, zahlt am Ende nicht nur mit Geld, son­dern auch mit Image und Wet­tbe­werb­s­fähigkeit.


Author